Die Plagegeister der Autorenseele

Die Plagegeister der Autorenseele

Kategorie: Leichter leben, leichter schreiben

Natalia Ölsböck im Interview: Wie Sie mit Ihren inneren Perfektionisten, Selbstzweiflern, Aufschieberinnen und Stressschleudern gut umgehen können

Ein Buch zu schreiben ist ja schon eine feine Sache. Man stülpt sein Wissen nach außen und kann sich drüber freuen, man entwickelt es weiter. Man kann mit Worten und Metaphern spielen und Geschichten erzählen. Und es ist ein erhebendes Gefühl, das eigene Buch frisch gedruckt in Händen zu halten.

Wären da nicht auch diese schwierigen Zeiten, in denen man sich schon ziemlich quälen muss: Ewig kaut am an diesem einen Absatz herum und alles, was dabei rauskommt, ist grottenschlecht. Überhaupt fragt man sich mitunter: Ist das überhaupt für irgendwen interessant, was ich da schreibe? Oder überhaupt vernichtend: Ich kann doch gar nicht gut genug schreiben für ein Buch.

Und dann geht nämlich gar nix mehr. Schreibtermine werden dann vor sich her geschoben, halbfertige Manuskripte landen in der Schublade, hundert Kapitelanfänge und kein Ende in Sicht. Schreibblockade nennen das meine Kolleginnen und Kollegen. Ich mag diesen Begriff nicht so sehr, ich differenziere lieber. Das hat sich in meinen Autorencoachings immer bewährt. Denn es geht nicht um die Blockade, sondern um das, was uns hindert.

Natalia Ölsböck ist Psychologin und Resilienzexpertin und hat bereits zwei Bücher geschrieben. Sie ist also genau die Richtige, um ein paar Anregungen gegen die Plagegeister der Autorenseelen abzuholen. Ich habe sie zu den vier häufigsten befragt: den Perfektionisten, den Selbstzweifler, die Aufschieberin und die Stressschleuder.

Liebe Natalia, zunächst einmal bitte eine Begriffsklärung: Was ist Resilienz denn eigentlich?

Resilienz ist die seelische Widerstandskraft. Allerdings sollten wir Resilienz vom normalen Alltagsstress abgrenzen. Der Unterschied ist, Resilienz bezieht sich auf Ausnahmesituationen und Krisen die z.B. durch Schicksalsschläge oder anhaltende schwere Belastungen ausgelöst werden können. Jeder Mensch verfügt über Resilienz-Fähigkeiten – manchmal mehr, manchmal weniger und je nachdem, wie viele Risiko- und Schutzfaktoren gerade vorhanden sind. Und wir können unser Resilienz-Fähigkeiten ein Leben lang fördern!

Das heißt, wenn ich resilient bin, hilft mir das in schwierigen Situationen aller Art. Wie ist das also beispielsweise, wenn ich so einen Perfektionisten auf meiner Schulter sitzen habe, der mir das Leben schwermacht. Er lässt mich zwar schreiben, aber er ist nie zufrieden, sodass ich ständig überarbeite und nie fertig werde. Woher kommt er und wie kann ich gut mit ihm umgehen?

Der Perfektionismus ist ein innerer Antreiber, der zwar dafür sorgt, dass wir Dinge besonders gut machen, aber in zu starker Ausprägung kann er uns ganz schön sabotieren. Er hat meist seine Wurzeln in unserer Kindheit – z.B. wenn uns ein Elternteil diesen vorgelebt hat und wir ihn übernommen haben. Er kann auch daher rühren, dass man vielleicht nur dann genug Aufmerksamkeit bekam, wenn man sich  besonders angestrengt hat.

Für alle diese Saboteure empfehle ich sich einen gesunden Gegenspieler dazu zu holen. Vielleicht die Leichtigkeit, die uns zuflüstert „du machst das gut genug“ oder “ es ist gut, so wie es ist“. Wer solch einen Perfektionismus bei sich hat, braucht sich keine Sorgen machen, dass etwas nicht gut genug sein könnte.

Wie ist das beim Selbstzweifler – er ist ja noch fieser, weil er mich ständig damit quält, dass das doch niemanden interessiert, was ich weiß, sodass ich oft gar nicht erst ins Schreiben hineinfinde. Was tun wir mit ihm am besten?

Wenn der Selbstzweifler recht hartnäckig ist, würde ich den Selbstwert ankurbeln. Die innere Seelenklempnerin als Gegenspieler zum Selbstzweifel kann dir Mut zusprechen. Zum Beispiel indem sie dir vor Augen führt, was du schon alles geschafft hast. Fokussiere dich auf deine Stärken und Ressourcen. Es gibt bestimmt zahlreiche ähnliche oder viel schwierigere Dinge, die du in deinem Leben schon gemeistert hast, also kannst du das nun ganz bestimmt auch hervorragend.

Oder du wendest den „Lieblingsmensch-Trick“ an: Mach dir eine Liste mit Lieblingsmenschen, die dich im Zweifelsfall ermutigen können. Solltest du wieder an dir zweifeln, dann stell dir vor, was der eine oder andere Lieblingsmensch Ermutigendes zu dir sagen würde. Oder du kontaktierst die Person tatsächlich und lässt dir Mut zusprechen.

Noch einen Plagegeist: die Aufschieberitis. Sie würde mich theoretisch problemlos schreiben lassen, aber … vorher muss noch der Müll raus und die Wäsche aufgehängt. Praktisch lässt sie einen als auch nie ins Schreiben kommen. Hast du einen Vorschlag, wie ich mit ihr gut umgehen kann?

Manche kommen erst mit dem nötigen Druck richtig in Schwung. Doch  hier macht die Dosis das Gift, denn wenn der Druck zu stark wird, kann er auch blockieren. Ich empfehle, sich vorbeugend einen möglichst realistischen Zeitplan zu schmieden. Anhand dessen kann man dann ablesen, was man bis wann machen will und soll.

Schließlich habe ich noch die Stressschleuder auf meiner Liste. Sie ist ein bisschen die Drama Queen. Verzweifelt hebt sie den Handrücken zur Stirn und ruft: „Hach!!! Wo soll ich bloß die Zeit hernehmen?!“

Mit einem vorher gestalteten, realistischen Zeitplan kommt eine solche Dramaqueen gar nicht auf. Wenn das Buch z.B. 200 Seiten haben soll, stell ich mir die Frage: „Ist es realistisch für mich, dass ich täglich 5 Seiten schreibe?“ Wenn ja, dann trage ich mir 40 Wochentage lang in meinen Terminkalender tägliche Schreibzeiten ein. Wenn nein, dann sind es vielleicht 50 oder 60  Tage. Realistisch bedeutet aber auch, dass ich einen Puffer dazugebe, schließlich könnte ich auch einmal krank sein. Auch Pausen plane ich mit ein, damit ich kreativ und voller Schreiblust bin und bleibe.

Vielen lieben Dank, Natalia! In Kürze wird dein neues Buch erscheinen – welchen Termin für die Buchpräsentation dürfen wir uns jetzt schon notieren?

Mein Buch „Meine kleine Seelenwerkstatt. 50 hilfreiche Tools für Gelassenheit und Lebensfreude“ erscheint Anfang September bei Springer. Ich habe drei Buchpräsentationen geplant und freue mich auf alle, die kommen!

In Wien am 10.9., 19 Uhr: Buchhandlung Kuppitsch, Wien 1, Schottengasse 4

In Niederösterreich am 12.9., 19 Uhr im Schlosshof Königstetten, Hauptplatz 1, und am 17.9., 19 Uhr im Minoritenkloster Tulln, Minoritenplatz 1

 

(Foto: pixelio.de Robert Babiak)

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