Für dich getestet: Experiment „NaNoWriMo für Sachbücher“ erfolgreich abgeschlossen und einen Monat lang täglich am Manuskript gearbeitet. Über Autorenfreud und Autorenleid in komprimierter Form.
Der NaNoWriMo ist vorbei, der „National Novel Writing Month“, der jeden November Autorinnen und Autoren einen Power-Boost in Sachen Buchschreiben verschafft, indem er ein klares Ziel vorgibt: 50.000 Wörter bis 30. November. Diese Aktion ist in erster Linie fürs Romanschreiben erfunden worden. Doch ich dachte, ich versuche das einmal mit meinem Sachbuch. Denn täglich 1666 Wörter schreiben, das ist schon eine Steilvorlage. Erinnert mich verdammt stark an eine meiner Lieblingsempfehlungn, bei der manche meiner Autorinnen und Autoren vor Schreck kurz Schnappatmung bekommen: Schreib dein Buch zuerst einmal „quick and dirty“. Dieser NaNoWriMo ist ein quick-and-dirty auf Speed, sozusagen 😉 (In meinem Buch „Zur Sache, Experten!“ erfährst du mehr über diese Schreibstrategie.)
Ein Konzept für mein Buch hatte ich, das war für mich die Voraussetzung, um es überhaupt zu versuchen. Denn ohne Konzept passiert genau das, was ich heute Früh schon in meinem Posting auf meinen Social-Media-Kanälen geschrieben habe: Meistens wird das Manuskript nie fertig oder so schlecht, dass es weitgehend umgeschrieben werden muss. Vertane Zeit und doppelte Arbeit also. Von der grünen Wiese weg gleich das Manuskript beginnen, das würde ich nie tun.
Härtetest für mein Konzept
Mein Konzept war zwar noch nicht komplett durchgedacht, aber andererseits hatte ich schon ewig dran herumgekaut. So ein kleiner Härtetest wäre eh eine gute Idee, also was soll’s, dachte ich. No risk no fun. Am 1. November begann ich zu schreiben und schaffte tatsächlich täglich die erforderliche Wortanzahl, ja sogar mehr als die – man weiß ja nie, was dazwischen kommt, also ist es ganz gut, wenn man ein bisschen auf Vorrat schreibt.
Bis zur Monatsmitte war alles super. Das Manuskript wuchs und wuchs und dieses Quick-and-dirty-Schreiben machte wie immer richtig Spaß. Ich liebe das, wenn ich nur aus dem Kopf schreiben und dabei auch noch auf alle Rechtschreibregeln und Gesetze des guten Stils pfeifen darf. Nur aus dem Kopf, das heißt, keine Recherche an jeder Stelle, an der ich hängenbleibe. Nur einmal alles aufschreiben, was ich schon weiß. Einschlägige Hirnentleerung sozusagen.
Masochistenweisheit: Ohne Frust wird’s nur halb so gut
Ich war euphorisch und happy. Eine Weile zumindest. Dann, nach etwa zwei Wochen, versiegte der Wissensstrom aus meinem Hirn allmählich und ich stellte zwei Dinge fest.
Zum einen: Das wird sich nicht ausgehen! Auch wenn ich mein Hirn noch so sehr ausquetsche, es werden wohl niemals 50.000 Wörter werden. Mit einem Wort: Ich habe nicht genug recherchiert.
Bei „Zur Sache, Experten!“ war das anders, da musste ich nicht viel recherchieren. Da hatte ich das meiste im Kopf, weil ich auf mein berufliches Fachwissen aus vielen Jahren zurückgreifen konnte (es ist übrigens ein geiles Gefühl zu merken, WIE VIEL man nach so vielen Jahren Herzblutarbeit im Kopf und in der Seele hat!). Dieses aktuelle Buch hingegen erfordert viel Recherche, schließlich geht es diesmal um ein Freizeitthema (den Sport), das ich als begeisterte Sportlerin kenne, ich mich jedoch ausführlich einlesen muss und auch noch so einige Fachgespräche führen möchte.
In der dritten Novemberwoche fühlte ich mich also wie mein Badeschwamm, wenn ich aus ihm auch noch den letzten Tropfen Wasser auswringen will: zerknautscht, ausgetrocknet und ein bisschen traurig, weil der Badespaß vorbei ist.
Zum anderen merkte ich, dass das Konzept zwar im Wesentlichen nach wie vor dem Härtetest standhielt. Nur die Struktur funktioniert nicht ganz so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Da zickte das eine Kapitel und gähnte das andere. Mist. Ich begann, ein bisschen Frust zu schieben.
Hauptsache dranbleiben
Aber ich bin ja Autorenberaterin von Beruf. Und Coach. Und außerdem eine begeisterte Das-Beste-draus-Macherin. So ein Frust, der muss überwunden werden, und das geht nur mit einem Judo-Kniff. Die besagt: Wenn du angegriffen wirst, nimm diese Angriffsenergie und nutze sie für den nächsten Schritt. Wenn ich also nicht genug Stoff zum Schreiben habe, dachte ich, dann werde ich eben täglich recherchieren und nur ein bisschen schreiben. Oder auch gar nicht. Hauptsache, täglich am Buch weiterarbeiten. Dranbleiben, heißt das Motto.
Die 50.000 Wörter habe ich natürlich bei Weitem nicht geschafft. Nicht einmal die Hälfte, um ehrlich zu sein. Ich finde trotzdem, dass ich sehr erfolgreich war.
- Ich habe es geschafft, einen Monat lang täglich an meinem Buch zu arbeiten.
- Ich habe etwa ein Drittel Manuskript in Rohfassung, die jetzt einmal so stehen bleiben darf. Ein Drittel Buch in einem Monat, das ist doch super!
- Ich weiß, wo ich meine Struktur noch verbessern kann. Wenn ich das richtig sehe, wird sie schlanker und übersichtlicher. Na, aber hallo! Gaaanz wichtige Erkenntnis!
- Wir haben uns so richtig aneinander gewöhnt, das Buch und ich. Ein bisschen wie ein altes Ehepaar, das einander vermisst, wenn es mal einen Tag getrennt ist. Auch ganz wichtig. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, schrieb kürzlich meine Kollegin Cordula Natusch auf Instagram, „also ran an die Tasten, jeden Tag!“ Genau so ist es.
Im Grunde durchlebt man in so einem Power-Boost-Monat alle Auf und Ab des gesamten Schreibprozesses in komprimierter Form. Was einem normalerweise eher so in einem halben Jahr passiert, erlebt man in einem Monat: Begeisterung am Anfang, Nachlassen der Disziplin, der Kampf mit der Priorisierung (Buch oder Kundenprojekt, wer wird gewinnen?), Entdecken von Wissenslücken und schließlich immer wieder eine Ehrenrunde zurück zum Konzept, um es zu verbessern.
Power-Boost-Monat erfolgreich abgeschlossen also. Ich glaube, im Jänner starte ich den nächsten. Machst du mit?
(Foto: pixelio.de)
Hallo Daniela,
klingt gut, ich hätte auch ein Sachbuch im Kopf … wenn kein neues Jobangebote dazwischen kommt … bin ich dabei.
Und wie ist das mit „auf Vorrat schreiben“? 😉
Super, Martina! Hast du schon ein Konzept zu deiner Idee im Kopf? Das solltest du dir schon überlegen, damit du im Jänner so effizient wie möglich sein kannst.
Auf Vorrat schreiben – das war super. Am ersten Tag hatte ich gleich fast doppelt so viel wie nötig, am zweiten Tag auch … Nach einer Woche hatte ich schon quasi ein „Guthaben“ von mehreren Tagen, was gut war, weil ich am letzten Novemberwochenende auf ein Schwimmcamp gefahren wäre (das dann wegen Lockdowns ins Wasser gefallen ist). Ist ein gutes Gefühl! 🙂
Liebe Daniela, vielen Dank für diesen spannenden Bericht. Die Hälfte des angepeilten Umfangs ist doch angesichts des Experiments super. Viel wichtiger sind doch die Erfahrungen, die du dabei gesammelt hast, oder? Ich finde es immer sehr spannend, wie viel ich über mich selbst lerne, wenn ich mich in einem neuen Projekt vergrabe. Und wie unterschiedlich diese Projekte immer laufen. Ich selbst werde tatsächlich ab Januar mein nächstes Buch schreiben. Und freue mich sehr auf den Austausch mit dir darüber, was funktioniert und was nicht.
Liebe Grüße
Cordula