Serie „Authorpreneur“. Über Selfpublishing: Arbeitsaufwand, Kosten, Freiheiten, Knackpunkte. Ein Interview mit Ghostwriter und Publikationsberaterin Dorothee Köhler
„Was ist besser, Selfpublishing oder ein Verlag?“ Diese Frage steht in meinen Autorencoachings immer im Raum. Meine Antwort: Es gib nicht DEN EINEN richtigen Weg. Und so begeben wir uns auf die Spurensuche, welcher Weg für meinen Coachee am besten passt. Bist du Individualist oder auf maximale Reputation bedacht, hast du Freude am Gestalten oder bist du eher der bequeme Typ? Davon hängt es ab, was du wählst. In meiner Serie „Authorpreneur“ geht es daher diesmal ums Selfpublishing. Ich habe meine liebe Kollegin, Ghostwriter und Publikationsberaterin Dorothee Köhler um ein Interview gebeten.
Liebe Dorothee, welche Verantwortungen hat eine Autorin im SP?
Selfpublishing bietet Autorinnen und Autoren natürlich viel Freiheit, bedeutet jedoch auch mehr Eigenverantwortung. Hier sind einige der Hauptunterschiede:
- Eigenes Projektmanagement: Management rund um Schreiben, Gestaltung, Veröffentlichung und Vertrieb, u. a. Zeitplanung, Koordination aller Dienstleister und Überwachung des gesamten Prozesses liegen beim Autor selbst.
- Finanzielles Risiko: Kosten für Druck, Lektorat, Design und Vermarktung trägt beim Selfpublishing die Autorin – genauso wie das finanzielle Risiko, falls das Buch sich nicht so gut verkauft wie erhofft.
- Buchdesign: Im Selfpublishing sind Autoren für das Coverdesign und das Layout ihres Buches selbst zuständig, es sei denn, sie beauftragen jemanden damit. Sie müssen sicherstellen, dass das Design professionell ist und die Zielgruppe anspricht.
- Distribution: Während Verlage in der Regel über Netzwerke und Beziehungen zu Buchhandlungen und anderen Vertriebskanälen verfügen, müssen sich Selfpublisherinnen selbst um den Vertrieb ihres Buches kümmern, oft über Online-Plattformen.
- Marketing und Verkaufsförderung: Autoren sind im Selfpublishing für die Vermarktung selbst verantwortlich. Sie erstellen ihre eigene Website, nutzen Social Media, bloggen, fordern Rezensionen an und führen viele andere Marketing- und PR-Aktivitäten durch.
- Rechte und Verträge: In der Regel behalten Selfpublisherinnen alle Rechte an ihrem Werk, müssen sich jedoch auch selbst um alle rechtlichen Aspekte kümmern – von der Anmeldung beim ISBN-Service bis hin zur Klärung von Bildrechten für ihr Cover.
Ja, das klingt nach vielen zusätzlichen Aufgaben. Der große Vorteil des Selfpublishing: Autoren haben die volle Kontrolle über ihr Werk, von der inhaltlichen Ausrichtung bis zum Preis, und können oft einen höheren Prozentsatz des Verkaufspreises einbehalten als bei traditionellen Verlagsverträgen. Und sie behalten die vollen Nutzungsrechte, das heißt, sie können mit den Buchtexten machen, was sie wollen – sie beispielsweise mehrfach verwerten, auch auf ihrer Website veröffentlichen, in Online-Kurse umwandeln, als Abstract verschenken etc.
Die Geldfrage: Mit welchem Budget muss man rechnen?
Insgesamt kann man mit einem Budget von wenigen hundert Euro bis zu mehreren tausend Euro rechnen, je nachdem, wie viele Dienstleistungen man in Anspruch nimmt und wie professionell man sein Buch gestalten möchte. Eine höhere Investition garantiert jedoch nicht unbedingt einen höheren Verkaufserfolg! Das Wichtigste ist, strategisch zu denken, sorgfältige Entscheidungen zu treffen und stets die Qualität des Endprodukts im Auge zu behalten.
Grundsätzlich sind folgende Kostenpunkte zu berücksichtigen:
- Lektorat und Korrektorat: Ein unverzichtbarer Schritt, um sicherzustellen, dass ein Buch professionell und fehlerfrei ist! Die Kosten dafür hängen von der Länge des Manuskripts und Erfahrung des Lektors ab und können von mehreren hundert bis zu mehreren tausend Euro reichen.
- Coverdesign: Das Cover spielt eine sehr wichtige Rolle für den Erfolg eines Buchs, gerade bei Sachbüchern. Wenn das Cover laienhaft erstellt ist oder unseriös wirkt, ziehen die potenziellen Leser sofort Rückschlüsse auf den Inhalt. Auch hier sind die Preise sehr weit gefächert – von 50 Euro für vorgefertigte Designs bis zu 1.000 Euro oder mehr für individuell gestaltete Cover.
- Buchlayout und Formatierung: Je nachdem, ob ein E-Book, ein Taschenbuch oder beides veröffentlicht werden soll, fallen Kosten für die Formatierung an. Dies kann zwischen 50 und 500 Euro kosten, je nach Komplexität des Buches und Anforderungen des Formats.
- ISBN: Einige Selfpublishing-Plattformen bieten kostenlose ISBNs an, manche Autorinnen entscheiden sich dennoch dafür, ihre eigenen ISBNs zu kaufen. In Deutschland variieren die Kosten für einzelne ISBNs oder Blöcke von ISBNs, liegen jedoch oft im Bereich von 100 Euro oder darüber.
- Druckkosten: Bei einem Print-on-demand-Verfahren über einen der gängigen Selfpublishing-Dienstleister fallen Kosten nur dann an, wenn tatsächlich ein Exemplar des Buches bestellt wird. Sie können stark schwanken, je nach Anzahl der Seiten und der Druckqualität. Ein Taschenbuch mit einer durchschnittlichen Seitenzahl wird sich sicherlich im Bereich von recht geringen einstelligen Euro-Beträgen bewegen. Wenn eine größere Auflage bei einer Druckerei gedruckt wird, hängen die Kosten auch hier von der Buchausstattung und -umfang ab, ebenso von der Auflagenhöhe. Eine Zahl zu nennen, ist kaum möglich. Deshalb: Rechtzeitig verbindliche Kalkulationen von der Druckerei einholen!
- Vermarktung und Werbung: Manche Autoren geben nur wenig Geld für Werbung aus und setzen auf Mundpropaganda, während andere in Werbeanzeigen, Buchveranstaltungen oder andere Marketingmaßnahmen investieren. Dieser Posten kann von null bis zu mehreren tausend Euro reichen.
- Weitere Dienstleistungen: Übersetzungen, Hörbuchproduktionen oder Buchtrailer – the sky is the limit!
Welche Selfpublishing-Anbieter empfiehlst du?
Es gibt sehr viele Selfpublishing-Anbieter, und welcher für eine Autorin am besten geeignet ist, hängt von den individuellen Bedürfnissen und Zielen ab. Zu den bekanntesten gehören Amazon KDP (Kindle Direct Publishing), BoD (Books on Demand), Tredition, epubli und BookRix. Bis auf Amazon handelt es sich hier um deutsche Selfpublishing-Dienstleister, die sowohl den Druck von Büchern als auch den Vertrieb von E-Books ermöglichen und ebenfalls wieder bis auf Amazon auch den weiteren Vertrieb an unterschiedliche Online-Shops bieten.
Bei der Wahl eines Selfpublishing-Anbieters ist es entscheidend, die Kostenstruktur genau anzuschauen: Einige Plattformen verlangen eine Vorabgebühr, andere ziehen eine Provision von jedem verkauften Buch ab. Wie viel verdiene ich pro verkauftem Buch? Auf diese Frage braucht es eine klare Antwort. Die unterschiedlichen Distributionskanäle und Formatoptionen, die Qualität des Drucks, die Klarheit über Autorenrechte und etwaige Exklusivitätsbedingungen sind ebenso zu berücksichtigen.
Meine Empfehlung ist Tredition – Druckqualität der Bücher und der sehr hilfsbereite Support überzeugen mich schon lange und immer wieder. Außerdem ist die Plattform wirklich unkompliziert und intuitiv bedienbar. Letztlich hängt die beste Wahl vom eigenen Buch, den Verkaufszielen und dem Budget ab. Es ist sinnvoll, gründlich zu recherchieren und eventuell mit anderen Selfpublishern zu sprechen, bevor man eine Entscheidung trifft.
Was sind die Knackpunkte im Selfpublishing, um ein Sachbuch erfolgreich zu machen?
Das sind so einige. Das Wichtigste ist natürlich der Inhalt selbst. Das Buch sollte einen echten Mehrwert bieten, gut recherchiert und geschrieben sein und die Informationen auf verständliche und ansprechende Weise präsentieren. Ohne lebendiges Storytelling wird es meist schwierig – unter meinen Ghostwriting-Projekten gibt es kaum noch welche, die darauf verzichten. Ebenso wichtig ist die gezielte Positionierung des Buches. Es muss klar definiert sein, für wen das Buch bestimmt ist, Buchtitel, Untertitel und Klappentexte darauf abgestimmt sein. Wenn ich mit meinen Kunden an der Positionierung arbeite, investieren wir mindestens einen ganzen Arbeitstag in diesen Schritt.
Fehler im Text, eine inkohärente Struktur oder schlechte Machart des Buches schaden ebenfalls der Glaubwürdigkeit und der Professionalität von Buch und Autor. Deshalb: Auf ein gründliches Lektorat kommt es absolut an! Ansprechendes Cover-Design ist auch so ein Knackpunkt. Außerdem effektives Marketing, Rezensionen sammeln – das beste Buch nützt nichts, wenn niemand weiß, dass es dieses Buch gibt. Vielleicht ist am allerwichtigsten die Erkenntnis, dass es heutzutage nicht mehr reicht, ein Buch zu schreiben, um bekannt zu werden. Sondern dass man bekannt sein muss (sprich: viele Follower haben muss), um ein Buch erfolgreich vermarkten zu können.
Was ist deine Erfahrung mit dem Distributionsweg Buchhandlung?
Buchhandlungen, besonders größere Ketten wie Thalia, bevorzugen traditionell Bücher von etablierten Verlagen. Das liegt vor allem an den gewohnten Vertriebsstrukturen, den Rabattvereinbarungen und der Rücknahmepolitik von nicht verkauften Büchern. Seit ein paar Jahren verändert sich dies jedoch, zumindest teilweise. Mit dem Aufstieg und Erfolg von Selfpublishing haben viele Buchhandlungen erkannt, dass es unter Selfpublishern viele qualitativ hochwertige Bücher gibt. Das Vorurteil, dass Selfpublishing-Bücher per se von geringerer Qualität sind, schwindet. Trotz der größeren Offenheit gegenüber Selfpublishing-Büchern gibt es aber immer noch Hürden. Buchhandlungen können beispielsweise nicht verkaufte Selfpublishing-Bücher nicht zurückgeben (was bei traditionellen Verlagen üblich ist).
Unabhängige lokale Buchhandlungen sind oft offener für Selfpublisher, besonders wenn es sich um lokale Autoren oder Themen handelt, die für die Menschen vor Ort relevant sind. Ein persönlicher Kontakt und das Anbieten von Lesungen oder Veranstaltungen können hier Türen öffnen. Einer meiner Netzwerkpartner schreibt unter anderem Regionalkrimis und verkauft viele Bücher nicht nur in den regionalen Buchhandlungen, sondern auch in anderen Geschäften, wie beispielsweise seiner Lieblingsbäckerei. Wer sein Buch über Plattformen wie Books on Demand (BoD) oder Tredition veröffentlicht, kann sich den Zugang zu Buchhandlungen übrigens erleichtern – denn diese Plattformen bieten Distributionsservices an, die mit Buchhandlungen zusammenarbeiten.
Woran scheitern Selfpublishing-Projekte am meisten?
Mangelnde Qualität, würde ich sagen. Das betrifft sowohl die fehlende oder falsche Positionierung, ein Konzept, dem der schlüssige rote Faden fehlt, den langweilig aufbereiteten Inhalt oder das fehlende Lektorat, schlechte Formatierung und Design. Bücher, die viele Fehler enthalten oder nicht professionell gestaltet sind, werden oft von Lesern und Rezensenten negativ beurteilt. Deshalb ist es wichtig, sich hier Profis an die Seite zu holen.
Ein weiterer Fallstrick sind die Erwartungen der Autoren: Sie wünschen sich sofortigen Erfolg und hohe Verkaufszahlen, ohne viel Aufwand in Marketing und Promotion zu investieren oder ohne bereits genügend Follower zu haben. Selbstpublishing erfordert jedoch Geduld und kontinuierliche Bemühungen. Deshalb ist auch das unzureichende Marketing ein häufiger Grund dafür, dass Selfpublishing-Projekte scheitern. Selbst ein falsch gesetzter Preis – sei er zu hoch oder zu niedrig – kann potenzielle Käufer abschrecken. Es ist wichtig, den Markt zu recherchieren und den Preis entsprechend anzupassen. Erfolgslimitierend wirkt ebenso, wenn Autoren Rezensionen vernachlässigen – dabei sind sie entscheidend für Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit eines Buches. Anfänglicher Misserfolg muss jedoch nicht das Ende bedeuten! Viele erfolgreiche Selfpublisherinnen hatten anfangs Rückschläge, haben aber aus ihren Fehlern gelernt und ihre Strategie entsprechend angepasst. Die Bereitschaft zum Lernen und die Ausdauer sind Schlüsselfaktoren für den Erfolg im Selfpublishing.
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Dorothee Köhler entwickelt Buchkonzepte, ist Autorin und Ghostwriter von Business-Sachbüchern und berät Autoren und Autorinnen in allen Phasen des Publikationsprozesses. www.sachbuch-ghostwriting.de und www.dorothee-koehler.de
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