Fingerübungskribbeln

Fingerübungskribbeln

Kategorie: Danielas Melange

Über Schreibmuskel und gute Vorsätze oder: Ihr macht doch auch täglich eure Schreibübungen? 😉

Was gesundheitsbewussten Menschen der regelmäßige Sport, das ist den Schreibenden die regelmäßige Fingerübung: Sie sorgt dafür, dass unser Schreibmuskel fit wird und fit bleibt und idealerweise kontinuierlich an Kraft zulegt. Soll heißen: dass deine Sprache kreativer, vielfältiger, kraftvoller, verständlicher wird.

Soweit die Theorie. In der Praxis schaut das zumindest bei mir so aus: Nach einer viel zu langen Durststrecke ohne jeglichen Kreativtrainings stolpere ich durch Zufall im Internet über eine der tausend kreativen Schreibübungen. Ich bekomme Lust drauf und setze sie um. Das macht so viel Spaß, dass ich mir mit Begeisterung vornehme, das nun regelmäßig zu tun. Täglich! Bestimmt! Unbedingt! Am besten gleich am Morgen, bevor mein Tagewerk beginnt. Dauert ja nicht so lang.

Oder zumindest ein paar Mal wöchentlich.

In dem Moment, wo ich aber „mehrmals wöchentlich“ denke, weiß ich: Die regelmäßige Fingerübung kann ich mir in Wahrheit auch schon wieder einmargerieren, wie man auf Wienerisch sagt.*) Denn was passiert in meinem Hirn? Am nächsten Morgen, auf dem langen Weg vom Frühstücks- zum Schreibtisch (das sind bei mir immerhin doch so gut 20 Schritte) ist mein Hirn schon in freudiger Erwartung der To-do-Liste, da fällt es ihm ein: die tägliche Fingerübung! Bei Schritt 5 kramt es in seinen schlauen Windungen und hat bei Schritt 15 eine super Übung parat: aus den Buchstaben eines Worts einen Satz bilden.

Sehr gut.

Ich gehe weiter, muss zum Schreibtisch blöderweise, weil dort Papier und Stift liegen. Und dann macht mein Hirn einen kapitalen Fehler. Es vergisst, die Automatik abzuschalten. Und so passiert es, dass mein linker Finger ganz automatisch den ON-Knopf meines Computers drückt und gleich darauf der rechte Zeigefinger den des Bildschirms. Seufzend fährt der PC hoch. Und meine Schreibübung seufzt mit. Weg ist sie. Routine schlägt die besten Vorsätze.

Ein schwaches Klammern am Strohhalm: Wait a minute, sagt mein Hirn. Erst die Schreibübung! Doch irgendwie hört von meinem inneren Team niemand zu. Unzuverlässiges Pack! Was aber alle sofort im Fokus haben, ist das erste To-do: Mein Kunde wartet auf eine Kurzbeschreibung seines Buchs für die Website. Das ist schnell erledigt. Macht ja nix, denkt sich mein Hirn. Wenn du heute kein Schreibtraining machst, dann eben morgen. Wir haben ja gesagt: mehrmals wöchentlich. Und wenn du morgen beginnst, reicht das allemal!

Es ist tatsächlich wie beim Sport. Wenn du es dir nicht ernsthaft vornimmst, wird das nix mit der Trainingseinheit. Beim Sport gelingt es mir seit Jahren dranzubleiben nur dann, wenn ich beinhart Einheiten in den Kalender eintrage und alles tue, damit nur ja nicht ein alter Automatismus einsetzt und ich vorher in Richtung Schreibtisch abbiege. So bin ich zur überzeugten Morgensportlerin geworden, und ganz ehrlich – es fehlt mir, wenn ich mich am Morgen nicht zuerst einmal ein bisschen bewegenund lüften kann.

So sollte ich das mit meinem Schreibmuskel auch machen. Letzten Februar habe ich bei der Fingerübungs-Challenge von meiner Kollegin Susanne Gurschler mitgemacht, das war toll. Ich bekam täglich eine Schreibübung auf mein Handy geschickt, das habe ich mir schon beim Frühstück zurechtgelegt, ebenso wie mein Schreibzeug. Wunderbar! Bei der nächsten Challenge bin ich wieder dabei. Es kribbelt schon in meinen Fingern!

 

*) einmargerieren: sich etwas abschminken, etwas (für immer) vergessen können. Vermutlich von lat. margo = Rand (an den Rand legen). Siehe auch Peter Wehle: Sprechen Sie Wienerisch? Ueberreuter 2012, oder auch www.wortbedeutung.info

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