Schreiben bewegt, sagt Kerstin Salvador in ihrer Aufforderung zur Blogparade und bittet darum zu erzählen: Wo hat mich mein Schreiben hingeführt? Wie hat es mein Leben bereichert? Diese wunderbare Idee greife ich gern auf. Denn ich spürte schon als Kind: Wörter trösten. Bücher öffnen Horizonte. Den Schreibfeenstaub zu streuen lernte ich allerdings erst viel später. Über Kreise, die sich schließen, und rote Fäden, die es aufzugreifen lohnt.
„Das überrascht mich jetzt aber gar nicht“, soll Caroline gesagt haben, als sie über zwei Ecken erfuhr, dass ich das Schreiben zu meinem Beruf gemacht hatte. Sie hätte damals schon bemerkt, dass ich von all den ungeliebten Sekretariatsarbeiten eines mit Hingabe tat, nämlich schreiben.
Caroline war meine allererste Arbeitskollegin. Ich war damals 19 Jahre alt und mit der Arbeitswelt höchst unzufrieden.
Entdecke deine Talente oder: Die Wichtigkeit, auf die Walz zu gehen
Was ist das doch für ein verrücktes Leben, in dem andere Menschen etwas in einem erkennen können, was man selbst nicht sieht. Doch hätte sie mich damals schon darauf hinweisen sollen? Wer weiß. Vielleicht wäre ich eine lausige Schreiberin geworden. Aber so lernte ich erst einmal die vielen Facetten des Arbeitslebens kennen. Sammelte Erfahrungen, rebellierte, passte mich wieder an, versuchte etwas Neues. Meine Walz sozusagen, in der ich neue Branchen und verschiedene Arbeits- und Sichtweisen kennenlernte. Wie sich das gehört, wenn man Meisterin werden will.
Nach zehn Jahren erfolgloser Suche nach einem sinnvollen Job kündigte ich und begann zu studieren. Und merkte: Boah, wie cool ist es doch, stundenlang in Bibliotheken zu hocken! In Büchern zu blättern, für Seminararbeiten und schließlich für die Diplomarbeit zu recherchieren und sie zu schreiben. Wie überhaupt ich alles mochte, wo ich schreiben konnte. Sogar Prüfungen. Waren sie schriftlich, war ich gut. Waren sie mündlich, wäre ich am liebsten in ein Mauseloch gekrochen. Wie schon früher in der Schule.
Ein roter Faden zeigte sich.
Zweifel oder: Klopfe deine Ideen auf Tauglichkeit ab
Und Gerda, ihres Zeichens Sinncoach, hob ihn auf und hielt ihn mir vor die Nase. Schon wieder jemand, der etwas in mir erkannte, was ich nicht selbst sehen wollte. Oder sagen wir so: Ich war felsenfest davon überzeugt, dass ich diesen Faden gar nicht aufgreifen brauche, wo man vom Schreiben doch eh nicht leben kann.
Trotzdem besuchte ich meine ersten Schreibseminare. Man weiß ja nie. Und begann zu schreiben.
Autorin wird man, indem man schreibt. Viel schreibt.
Seitdem bin ich selbstständig. Und kann vom Schreiben leben. Ich schrieb Gebrauchstexte, Webtexte und Fachartikel für meine Kunden. Dann tauchte Karina aus einem früheren Job auf. Sie war inzwischen freie Lektorin bei einem Verlag geworden. Sie öffnete für mich die Türen zur Buchwelt. Unter ihren Fittichen schrieb ich drei Wirtschaftssachbücher als Co-Autorin.
Nicht dass sich diese Bücher je gut verkauft hätten. Zwei davon wurden sogar bald verramscht. Autsch! Ironischerweise war das trotzdem mein Durchbruch: Kurz darauf kam die erste Anfrage für ein Ghostwriting.
Wenn tief in dir drinnen alles Ja! ruft
Etwa fünfzehn Jahre lang schrieb ich Bücher im Namen anderer. Ich habe es geliebt! Menschen kennenlernen, die etwas Interessantes wissen. In Themen eintauchen, die einen faszinieren. Fragen stellen dürfen ohne Ende, um das schreiben zu können, was die Leser wissen wollen. Verlage und deren interne Abläufe kennenlernen. Mit Herzchen in den Augen durch die Bücherschluchten in den diversen Buchmessen in Frankfurt, Leipzig und Wien gehen wie eine Verliebte: Ich gehöre zu dieser Buchwelt. Ich bin Teil davon!
Der Honeymoon mit dem Ghostwriting endete nach etwa 30 Büchern. Die Liebe zum Bücherschreiben ist aber nach wie vor da. 2019, gerade als Corona zu wüten begann, erschien mein erstes, ganz und gar eigenes Buch: Zur Sache, Experten! Sachbuch schreiben und vermarkten. Erschienen bei Springer. Ich empfand das als einen kleinen Ritterschlag, bei so einem großen Verlag unterzukommen. Und Anfang dieses Jahres ist mein neuestes Baby erschienen, ein Buch zur gesunden Langlebigkeit. Raus aus der Hängematte, rein ins fitte Leben heißt es.
Ab wann darf man sich Autorin nennen?
Ich habe lange gebraucht, mich Autorin zu nennen. Aber jetzt bin ich angekommen: Ja, ich bin Autorin (und Coach). Das ist gut und immer noch ein bisschen aufregend. Nicht dass ich als Ghostwriter nicht auch Autorin gewesen wäre. Aber es fühlt sich anders an. Jetzt geht es um mein Wissen und meine Erfahrungen und nicht um die einer anderen Person. Das ist schon ein ziemlicher Unterschied.
Es fühlt sich befreiend an, aus sich selbst heraus schreiben zu können. Und es macht etwas im Inneren. Es baut auf und stärkt meinen Selbstwert („Wow, wusste gar nicht, was ich alles weiß!“ ;-)). Gleichzeitig fordert mich („Ich soll mich hier wichtigmachen? Steht mir das zu?“). In jedem Fall wachse ich. Mit jedem Text, mit jedem Buch.
Schreiben und Leben: Beides bedeutet Entwicklung
Schreiben ist für mich Entwicklung. Sich selbst suchen und bei sich ankommen, einen nächsten Schritt im Leben machen und sich erneut verorten und wieder ankommen. So wie man ständig Lebenserfahrungen macht und sich auf diese Weise weiterentwickelt, so tut man das auch mit jedem Buch, das man schreibt. Sofern man offen ist für diesen seelischen Prozess.
Diese psychische Seite des Schreibens ist das, was gerade auf mich wartet, damit ich es vertiefe. So schließt sich ein weiterer Kreis in meinem Leben: Vor etwa 15 Jahren habe ich mich zur multimedialen Kunsttherapeutin ausbilden lassen, mit Fokus auf Schreib- und Bibliotherapie. Dieses Jahr habe ich diesen Faden wieder aufgegriffen. Mal sehen, wo er mich hinführt.
Ach ja, und ein neues Buch ist in Arbeit. Klar doch!
Wow, das ist ein beachtlicher Weg, wohin dich dein Schreiben geführt hat! 30 Ghostwriting-Titel und zwei eigene bei einem renommierten Verlag, und bald ein dritter – alle Achtung! Ich freue mich, dass du mit diesem beeindruckenden Blogartikel an meiner Blogparade teilnimmst.
Herzliche Grüße
Kerstin