Schaffenspause

Schaffenspause

Kategorie: Leichter leben, leichter schreiben

Produktiv und kreativ ist, wer auch das Nichtstun beherrscht

Kennen Sie das: Sie arbeiten gerne, aber manchmal ist es einfach zu viel. Viel zu viel. Über Monate, ja sogar über mehrere Jahre warten Sie darauf, dass der Arbeitsstrom endlich einmal abreißt, für kurze Zeit wenigstens, aber das passiert einfach nicht. Sie verlieren die Freude am Tun. Sie beginnen, Fehler zu machen. Sie schleppen sich nur noch zu ihrem Arbeitsplatz. Während Sie zunehmend widerwillig Aufträge erledigen, träumen Sie von einer Auszeit. Ein Sabbatical, ach, das wäre super!

Mir ging es im Frühjahr so. Seit mehreren Jahren schreibe ich pausenlos Bücher im Namen anderer. So sehr ich das immer liebte, so sehr ich mich in jedes Buchprojekt mit Entzücken hineinstürzte und mich auf die Begegnung mit meinen so besonderen Autorinnen und Autoren freute – aus meinem inneren Feuer wurde ein laues Glimmen, das träge und angestrengt versuchte, für Wärme zu sorgen. Es begannen Alarmglocken in mir zu schrillen. Wie soll ich künftig Kunden von mir begeistern, wenn ich selbst keine Begeisterung aufbringen kann? Wie soll ich unterhaltsame Texte schreiben, wenn ich Widerwillen aufbaue?

Sabbatical für Selbstständige

Wenn der Arbeitsstrom keine Pause macht, dann muss man eben selbst für die Pause sorgen, dachte ich. Selbstverantwortung nennt man das. Jeder vernünftige Arbeitgeber gibt auf seine wertvollste Ressource acht, also sollte auch ich auf meine wertvollste, weil einzige Mitarbeiterin schauen, nämlich auf mich selbst. Ich überdachte meine Optionen.

Herausgekommen ist die Entscheidung, dass ich mir die Sommermonate Juli und August als Auszeit nehme – sofern meine Kunden einverstanden sind. Denn davor hatte ich eigentlich den meisten Bammel: dass meine Kunden erstens entrüstet und ablehnend reagieren werden und zweitens die Nase rümpfen, weil ich nicht erwartungsgemäß „funktioniere“.

Die Resonanz war unglaublich. Alle meine Kunden hatten Verständnis, und zwar ohne Wenn und Aber. Alle! Und nicht nur das, viele gratulierten mir zu dieser klugen Entscheidung. Ja, ich übertreibe nicht! Ich war zuerst perplex, dann dankbar, dass ich mit so tollen Menschen arbeite.

Dann kam das schlechte Gewissen daher. Ist es nicht anmaßend? Fahrlässig? Ich verliere vielleicht Kunden, es entgehen mir neue Aufträge. Kann ich mir das denn leisten? Nein, kann ich nicht, eindeutig nicht. Ich kann es mir aber auch nicht leisten, künftig ohne Begeisterung zu arbeiten – und ich will das auch gar nicht. Ich habe mich doch nicht selbstständig gemacht, um mir dann selbst eine Tretmühle zu schaffen, in der ich Dienst nach Vorschrift mache. Kein Autor braucht so einen Ghostwriter.

Ich wünsche mir zwei Monate Langeweile!

Meine Entscheidung hat übrigens bereits erste konzentrische Kreise gezogen. Eine Kundin hat sich anregen lassen und wird sich im Sommer ebenfalls zurückziehen. Eine Kollegin denkt darüber nach, wie so eine kleine Auszeit in ihrem Fall funktionieren könnte. Eigentlich braucht doch jeder Mensch von Zeit zu Zeit eine Schaffenspause, und manchmal ist das Wochenende einfach zu kurz dafür.

Ein bisschen fühle ich mich wie damals vor den laaaangen Sommerferien. Wissen Sie, was ich mir am meisten wünsche? Langeweile. Langeweile, die meinen Kopf leer macht. Ich werde so lange in der Wiese liegen und Löcher in den Himmel starren, bis ich meinen Reset-Knopf gefunden habe. Ich hoffe, ich muss dann im September, wenn ich an meinen Projekten weiterarbeite,  nicht das Alphabet neu lernen 🙂

(Fotocredit: fotolia.com)

9 Comments

  1. Ich bin stolz auf dich!
    Viel Spaß beim TIME-OUT!
    Liebe Grüße aus Mallorca,
    Peter

  2. Ich wünsche Dir wunderbare Sommerferien mit viel Muße zum Nichtstun und dem, was Dir privat Freude bereitet!!
    Ich zieh mich meist im Juli/August etwas zurück, arbeite an sonnig-herrlichen Tagen nur halbtags und signalisiere dies auch meinen Kunden. Klappte bisher immer. Fein, dass Du auch nette Kunden hast!

    • Ach, tatsächlich! Das freut mich sehr zu lesen. Ich spekuliere ja jetzt schon, das jedes Jahr so zu machen (oder so wie du, auch überlegenswert!). Mal sehen, wie es mir gehen wird, so arbeitsfrei

  3. Liebe Daniela, super Entscheidung. Ich gratuliere dir zu Deinem Mut, denn der gehört auch dazu, Langeweile zu zulassen. Genieße und freue Dich. Gruß aus Berlin, Heike

    • Danke, liebe Heike. Ich bin sehr gespannt, wie sich das anfühlen wird 😎

  4. Du hast ja sowas von recht! Genieße die Zeit und vor allem die Langeweile. Denn nur in diesem Zustand können wir unsere Batterien wirklich wieder aufladen …
    Ich freue mich auf deinen Bericht, wenn du wieder da bist ;o)

  5. Wer die Zeit nicht hat, muss sie sich halt nehmen. So einfach ist das.

    Schöne Auszeit
    MANfRED

    • Danke schön!

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