„Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“, sagt der Volksmund und trifft jenen temporeichen Wettbewerbsgedanken, den die Wirtschaft als Messlatte legt. Ich hab die gemütlichen Sprüche lieber: „Alles zu seiner Zeit“!
Also ganz ehrlich: Ich hadere mit der Geschwindigkeit. Manche Dinge gehen mir zu schnell und manche zu langsam. Ich liebe zum Beispiel schnelle Autos, Motorräder hingegen können ruhig gemütlich sein. Ich werd ganz unruhig, wenn sich mein Notebook beim Hochfahren zu viel Zeit lässt. Ich mag es, dass ich pfeilschnell E-Mail-Nachrichten versenden kann und auf Knopfdruck im Internet alles Wissenswerte erfahre. Nur Romane, die möchte ich gern langsam genießen.
Im Job gibt’s kaum etwas, das nicht schnell gehen sollte: der Verkaufsbericht muss bis heute Abend fertig sein, der Budgetentwurf am besten bis gestern. Und die Entscheidung über den Bewerber bitte sofort. Wehe dem, der da nicht mithalten kann! Lange Zeit habe ich mit diesen Anforderungen Schritt gehalten, habe mich von Chefs und Deadlines antreiben lassen – und habe diverse Überforderungsgefühle meiner Schwäche zugeschrieben, nicht schnell genug zu sein.
Nun gibt es Menschen, die haben mit der Geschwindigkeit gar kein Problem. Sie haben die Gabe, sich in Kürze einen Überblick zu verschaffen, jeder Handgriff geht schnell. Jedes Mail ist in einer halben Minute geschrieben und das Besprechungsprotokoll fünf Minuten nach Meeting-Ende an die Teilnehmer verschickt.
Doch es gibt auch die langsame Spezies. Menschen, die für jeden Schritt ein kleines Bisschen länger brauchen. Die eine Spur langsamer denken. Die schneller unter Druck geraten, wenn sie aufgefordert werden, etwas sofort zu tun, sich sofort zu entscheiden.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, welches Tempo Sie am liebsten haben? Erledigen Sie die Dinge gerne ruck-zuck oder fühlen Sie sich wohler, wenn Sie mehr Zeit zur Verfügung haben? Wie sehr lassen Sie sich von der vermeintlichen Tugend Geschwindigkeit verführen?
Also, ich für meinen Teil bringe viel bessere Qualität, wenn ich mir Zeit nehme. Wenn mein Kunde seinen Text am liebsten heute noch überarbeitet haben will, versuche ich ihn zu überzeugen, dass das Ergebnis knackiger, prägnanter, leserfreundlicher wird, wenn ich bis morgen Zeit habe. Das kostet ihn nicht mehr Geld, sondern nur ein wenig mehr Geduld. Und bei Entscheidungen bin ich mittlerweile ganz heikel. Ich weigere mich kategorisch, sofort zu urteilen, wenn es um etwas Wichtiges geht.
Für richtig gute Qualität braucht man Zeit, und zwar nicht die, die einem jemand anderer aufzwingt, sondern die, die die eigene Persönlichkeit erfordert. Nur Ihr eigenes Tempo bringt Sie sicher ans Ziel. Wenn auf der Autobahn ein Alexander Wurz an Ihnen vorbeibraust, werden Sie als Gelegenheitsfahrer auch nicht gleich auf 200 beschleunigen, weil Sie wissen, dass Sie einen fatalen Fehler machen könnten. Egal, ob Sie im Job an einem Schriftstück arbeiten oder als Führungskraft eine Entscheidung treffen sollen: Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen, um Ihre Sache gut zu machen!
Ganz herzliche – und entspannte – Grüße,
Ihre Daniela Pucher