Ein Jahr wie ein Roman

Ein Jahr wie ein Roman

Kategorie: Leichter leben, leichter schreiben

Neujahrsvorsätze sind nichts für mich. Jahresplanungen auch nicht. Ich antizipiere lieber, indem ich meine Lebensgeschichte schreibe. Ist ganz einfach. Nachmachen empfohlen!

„Hätten wir also wieder ein neues Kapitel aufzuschlagen“, sagte die Autorin und blickte ans Ende des letzten Kapitels, wo ihre Protagonistin Daniela P. beim Neujahrsfest das Feuerwerk bestaunte. „Wie wollen wir die nächste Geschichte beginnen? Hmmm.“ Sie klappte ihr Notebook auf, öffnete ein neues Dokument und begann zu schreiben. Zuerst mal eine Anfangsszene:

Daniela P. saß am Schreibtisch und sinnierte. Worüber sollte sie in ihrem nächsten Blogbeitrag schreiben? Es wollte ihr nichts einfallen. Sie seufzte, machte es sich auf der Couch gemütlich und begann in einem Buch über Storytelling zu lesen. Auf Seite einundzwanzig blieb sie an einem Zitat von Kierkegaard  hängen: „Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muss man es vorwärts.“ Wir wären alle im Nachhinein klüger, stand da weiter. Wenn da nicht ein so großer Wunsch nach Sicherheit wäre, sodass wir alles vorher planen wollten …

„Das ist es“, dachte Daniela P., legte das Buch weg und begann, an ihrem Blogbeitrag über Jahresplanungen zu schreiben.

Dann die Schlussszene, wie sie es in einem Seminar für literarisches Schreiben gelernt hatte.

Erster Advent 2013. Der Regen hatte aufgehört und eine feucht-kalte Nebeldecke zurückgelassen. Daniela P. versperrte das Auto, steckte den Wagenschlüssel in die Tasche ihrer Laufhose und trabte los. Heute würde sie die gesamte Prater Hauptallee zwei Mal schaffen, da war sie sicher. Während sie in die durchweichte Traberbahn einbog und den würzigen Duft des Bodens einatmete, hätte sie am liebsten laut gelacht vor Freude. Sie hatte es doch tatsächlich geschafft, jetzt schon alle Projekte abzuschließen, die vor Weihnachten fertig sein mussten. Das Jahr 2014 winkte bereits mit neuen, spannenden Aufgaben. Doch bis dahin konnte sie ausgiebig entspannen. Eine Adventzeit ohne Stress, wann hatte sie das zum letzten Mal gehabt?

Und nun galt es, den Raum dazwischen zu füllen. Die Autorin überlegte. Es schien ihr unmöglich, die ganze Geschichte Szene für Szene im Voraus zu planen. Wer weiß denn schon, was das Leben so bringt? Also legte sie nur die ersten Szenen zurecht und skizzierte:

Daniela P., wie sie für ein Ghostwriting drei Buchkapitel in drei Wochen schreibt und dann fix und fertig ist. Wie sie in einem Kick-off-Meeting mit einem Kunden dessen Buchidee klar kriegt, sie einen Verlag finden und ein tolles Manuskript abliefern. Wie sie die Überarbeitung ihrer Website „erfolgreich“ vor sich herschiebt, bis sie sich endlich dazu aufrafft. Und wie sie vor honorigem Publikum einen Vortrag über die Vorzüge eines Ghostwriting hält.

„Das sollte fürs Erste reichen“, dachte die Autorin, und begann, die ersten Kapitel auszuformulieren. Sie hauchte ihrer Hauptfigur Leben ein, so dass sich eine Handlung wie von alleine entspann. „Was auch immer das Jahr für Überraschungen haben wird“, dachte die Autorin. „Am Ende wird meine Protagonistin in der Prater Hauptallee laufen mit der Aussicht auf neue Aufträge im nächsten Jahr.“

5 Comments

  1. Sehr schöne Idee, Daniela! So plane ich übrigens seit einiger Zeit alle meine Projekte: Ich zäume sie so wie du von hinten auf, beginne also mit dem gewünschten Ergebnis und überlege mir dann, was der jeweils notwendige Schritt „davor“ sein müsste. Das klappt ziemlich gut und hilft zugleich dabei, alles zu visualisieren und ein Bild davon zu bekommen. Alles Gute für deine Pläne – sie klingen schon mal sehr verführerisch!

  2. Das ist für den Jahresanfange eine sehr gute Idee! Schreiben ist ein guter Weg, um Klarheit zu bekommen. So ähnlich nutze ich das Tagebuchschreiben, wenn ich eine wichtige Entscheidung fällen muss und nicht weiß, was „richtig“ ist: Zwei Versionen schreiben: Wie sieht mein Leben in 1-2-3-4-5- Jahren aus, wenn ich Weg A gehen? Und wie, wenn ich Weg B gehe?
    Eine schöne Entdeckung, dieses Blog!

    • Oh, vielen Dank, liebe Elisabeth Mardorf! Zwei Versionen zu schreiben, das ist auch eine sehr gute Idee! Das probier ich mal 🙂

  3. Großartig, wie laufen im kalten feuchten Prater als motivierendes Erfoglsbild funktionieren kann! Tolle Idee!

  4. Ja, gefällt mir gut das Zita von Kierkegaard.Es ergiebt aber nur einen Sinn wenn man das Zurück auch verstehen kann ond will. Der Einfluß des heutigen Umfeldes ist viel zu groß um das Vergangene noch zu verstehen. Und in der Zukunft wird es immer schwieriger.
    Wenn Du das schaffst dann bist Du am richtigen Weg. (Meditation hilft!!!).

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