5 klangvolle Tipps für bessere Texte

5 klangvolle Tipps für bessere Texte

Kategorie: Schreibhandwerk

Was wir Schreibenden uns von den Musikern abschauen können

Texte sind still. Sie stehen da auf dem Bildschirm, auf dem Blatt Papier oder im Buch. Buchstabe ist an Buchstabe gereiht, Satz an Satz. Unschuldig stehen sie da, die Wörter, und schweigen.

Bis jemand zu lesen beginnt.

Dann werden Buchstaben, Satzzeichen, Leerzeichen und Absätze lebendig. Das Gehirn erkennt Sinn (hoffentlich) und erzeugt Bilder. Und es entstehen Emotionen, je nachdem, was der Autor mit uns vorhat.  Dann erst zeigt sich, ob ein Text Rhythmus im Blut hat oder nicht. Ob er lebendig ist und leidenschaftlich oder zäh und schwer. Oder gar tot.

Rhythmus ist die zeitliche Gliederung eines melodischen Flusses, weiß der Duden. In der Musik erzeugt man ihn durch Variationen in der Tonstärke, der Tondauer und im Tempo. Da kann man es nachvollziehen: Musik wird lauter und leiser, wenn sie schneller wird, steigt auch unser Herzschlag. Beim Sprechen ist das ähnlich.

Und auch in der Schriftsprache gibt es den Rhythmus, nur ist er da nicht so unmittelbar erkennbar. Trotzdem: Auch beim Lesen werden wir einmal schneller oder langsamer. Wir holen in Gedanken Luft, auch wenn das gar nicht nötig ist. Doch wir brauchen die Pause für das Erkennen von Sinn, so wie wir beim Hören von Musik die Viertel- und Achtelpausen brauchen, damit das Lied Struktur bekommt und nicht nur Geräuschkulisse bleibt.

Katzenmusik

Eigentlich erkennen wir den Rhythmus eines Textes erst dann, wenn er fehlt. Katzenmusik quasi. Wenn es beim Lesen holpert und man nicht reinfindet in den Lesefluss; wenn man nicht eingesogen wird in die Geschichte. Das hängt natürlich auch von der Leserführung ab und ob es die Leserin interessiert, was da steht. Aber eben auch davon, wie gut es der Autor versteht, Rhythmus und Melodie zu erzeugen, damit das Lesen ein Genuss ist.

Die Hitliste virtuoser Sprachelemente

1. Legen Sie Pausen ein.

Musiker setzen Achtel-, Viertel-, ganze Pausen, verwenden Synkopen – wir Schreiberinnen und Schreiber haben dafür Satzzeichen. Davon gibt es nicht nur Punkt und Beistrich; auch Strichpunkte, Doppelpunkte und Gedankenstriche gibt es, und es macht Ihren Text reicher und lebhafter, wenn Sie sich aller Möglichkeiten bedienen. Nur mit Ruf- und Fragezeichen sollten sie sparsam umgehen.

Wolf Schneider hat in seinem Buch ein anschauliches Beispiel.*) „Hören“ Sie sich selbst einmal zu, wenn Sie diese drei Sätze lesen, die sich nur durch die Interpunktion unterscheiden:

Frauen leben immer länger fragt sich nur wovon
Frauen leben immer länger. Fragt sich nur, wovon.
Frauen leben immer länger. Fragt sich nur – wovon?

Pausen brauchen Ihre Leser auch, wenn Sie einen Gedanken erörtert haben und einen neuen eröffnen. Was für den Musiker die Strophe ist, ist für uns der Absatz. Machen Sie ihn so, dass er auch optisch erkennbar ist (durch einen größeren Zeilenabstand oder den Einzug der ersten Zeile).

2. Variieren Sie das Tempo.

Spielen Sie mit unterschiedlichen Satzlängen. Zwei kurze, ein langer zum Beispiel ergibt eine schöne Harmonie: „Das Eis kam mit Schlag. Direkt aufs Auge. Was dann folgte, hätte Charlie Chaplin alle Ehre gemacht.“ Dasselbe gilt bei Wörtern: Wechseln Sie lange und kurze Wörter ab und spielen Sie mit betonten und unbetonten Silben. Lange Wörter erfordern beim Lesen mehr Konzentration, also reihen Sie nicht mehrere aneinander. Kurze Wörter sorgen für die nötige Luftigkeit, damit Ihre Leser sich wieder erholen können.

3. Bringen Sie Drama und Stimmung in den Text.

Ähnlich wie in der Musik können Sie die Dramatik steigern, indem Sie mehrere kurze Sätze aneinanderreihen, sodass man beim Lesen quasi atemlos wird. Lange Sätze wiederum können wunderbar dahinplätschern, wenn Sie für ruhige Stimmung sorgen wollen.

4. Sorgen Sie für einen klaren Sound.

Misten Sie aus: Eliminieren Sie Füllwörter und mindestens 95 Prozent der Adjektive – sie wirken ungefähr so, als ob Sie beim Radio den Sender nicht ordentlich reinkriegen: Es rauscht beim Lesen und übertönt das, was wichtig ist.

5. Meiden Sie Monotonie.

Es ist gut, wenn Sie wichtige Informationen in Hauptsätze packen. Doch zu viele Hauptsätze hintereinander können monoton werden: „Er hatte Hunger. Er schlüpfte schnell in seinen Mantel. Er bestellte im Restaurant ein Fünf-Gänge-Menü.“ Zum Glück können wir mit Satzteilen jonglieren: „Er hatte Hunger. Schnell schlüpfte er in seinen Mantel. Im Restaurant bestellte er …“

 

*) Wolf Schneider: Deutsch für junge Profis. rowohlt, Berlin 2011, S. 127

Fotocredit: Renée Del Missier (Hintergrundbild)

6 Comments

  1. So ein schöner Text! Und mit „Klang“ kriegste mich ja immer 😉
    Liebe Grüße
    Heike

  2. Liebe Daniela …

    … da hast du ja zu meinem Lieblingsthema gebloggt! Seit Jahren schon würde ich dazu gern einmal eine Fortbildung, am liebsten einen Meisterkurs besuchen. Habe aber noch keinen gefunden …

    Herzliche Grüße
    Sabine

    • Liebe Sabine, oh ja, so ein Meisterkurs wäre sehr fein. Falls du fündig wirst – ich wäre gern dabei! 😉

  3. Ganz toll. Bislang habe ich immer gelernt: Nicht mehr als 9-12-14 Wörter pro Satz, dass ich dadurch den Leser atemlos mache und dass ein Wechsel kurz – lang durchaus legitim ist, ist mir neu, aBerlin so wie ich von Natur aus schreibe.

    • Liebe Bettina, es ist vieles legitim beim Schreiben. Die empfohlene Anzahl an Wörtern oder Zeichen pro Satz ist meiner Meinung nach nicht mehr als eine recht morsche Krücke, um Texte halbwegs verständlich zu machen.

      Die Kunst liegt wohl darin, dass man die Wirkung von Text – von einzelnen Wörtern ebenso wie von Rhythmus und Stil generell – einmal begreift. Dann kann man mit der einen oder anderen Regel auch einmal brechen 😉

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